Künstliche Intelligenz verändert gerade rasant die Arbeitswelt und auch die Bildungswelt. Für einen Bildungsverlag bedeutet das: sich selbst zu transformieren, um die Chancen der Technologie verantwortungsvoll zu nutzen. Ein Gespräch mit Maximilian Schulyok, Geschäftsführer des Ernst Klett Verlags über den Einsatz von Künstlicher Intelligenz im Verlag.

„KI kann Bildungsmedien besser machen, wenn man sie richtig einsetzt“

Herr Schulyok, KI verändert unser Leben und die Arbeitswelt. Welche Rolle spielt sie beim Ernst Klett Verlag?

Eine zentrale. Wir wollen unsere Mitarbeitenden auf den Umgang mit Künstlicher Intelligenz und die Möglichkeiten, die in ihr stecken, vorbereiten. Da stecken wir mittendrin. Nicht nur, um Prozesse effizienter zu gestalten, sondern vor allem, um Bildungsmedien besser zu machen. Das ist bei uns im Haus aber kein Selbstläufer. Es bedeutet Transformation, Kulturwandel und vor allem eine systematische Qualifizierung und ein echtes KI-Empowerment unserer Teams.

KI-Cafés, TechTalks und „Frag den Ernst“

Porträt Maximilian Schulyok

Maximilian Schulyok, Vorsitzender Geschäftsführer Ernst Klett Verlag

Wie sieht dieses KI-Empowerment konkret aus?

Wir haben eine ganze Reihe von Formaten aufgesetzt, um unsere Mitarbeitenden Schritt für Schritt mit KI vertraut zu machen. Dazu gehören zum Beispiel unsere KI-Cafés, in denen wir uns niedrigschwellig über neue Tools und Einsatzmöglichkeiten austauschen, oder die KI TechTalks, das sind Lernnuggets, bei denen es um tiefere Einblicke und konkrete Anwendungsszenarien geht.

Außerdem haben wir mit „Frag den Ernst“ einen eigenen internen KI-Chatbot entwickelt, der allen Mitarbeitenden rechtssicher und datenschutzkonform zur Verfügung steht und der Zugriff auf und das Arbeiten mit unseren Inhalten ermöglicht.

Und weil sich die Technologie so rasant weiterentwickelt, passen wir auch unsere Qualifizierungsangebote ständig an. Vor einem Jahr war etwa das „richtige Prompten“ noch ein zentrales Thema. Heute beschäftigen wir uns mit Mulitagenten-Systemen.

Stabstelle KI und datengetriebene Entwicklung

Sie haben Anfang 2025 eine Stabstelle „Künstliche Intelligenz“ eingerichtet. Was ist ihre Aufgabe?

Sie unterstützt uns dabei, KI systematisch in unseren Geschäftsprozessen zu verankern und auf neue Entwicklungen schnell reagieren zu können. Vor allem prüft sie sehr genau, was technologisch überhaupt umsetzbar ist, welche Hürden dabei zu erwarten sind und ob ein Einsatz mit unseren hohen Qualitätsansprüchen vereinbar ist. So stellen wir sicher, dass neue KI-Anwendungen nicht nur technisch funktionieren, sondern auch zu unseren strategischen Zielen und unserem Qualitätsverständnis passen.

KI im Unterricht: Didaktik bleibt entscheidend

Welche Rolle spielt KI bei der Entwicklung Ihrer Produkte, also für das Lernen selbst?

Eine sehr wichtige. Unsere Arbeit ist hochkomplex und damit stark datengetrieben: Autorentexte, Aufgaben, Grafiken, Videos oder Bilder für unsere Bildungsangebote in den verschiedenen Bundesländern liegen zentral in unserem Content-Management-System vor. Je Fach, Schulform und Bundesland unterscheiden sich die didaktischen Anforderungen, das macht die Steuerung für die Ausleitung in verschiedene Bildungsmedien komplex.

Hier kann KI in Zukunft unterstützen. Schon heute kann sie standardisierte Aufgaben übernehmen – oft schneller, wenn auch nicht unbedingt besser als der Mensch. Wir werden sehen, was das für uns als Verlag bedeutet.

Im Produktbereich ist in den letzten drei Jahren allerdings viel passiert. Einige KI-Entwicklungen haben wir selbst, andere zusammen mit Partnern vorangetrieben, wie etwa den Klett.KI Chat oder die Mathematikplattform Klett x Studyly. Insgesamt ist das technisch anspruchsvoll. Die passgenaue Integration solcher Tools in unsere Verlagstechnologien und Lehrwerkskonzepte erfordert viel Know-how, diese Kapazitäten mussten wir teilweise erst aufbauen.

Unsere größte Herausforderung ist es, technologische Leistungsfähigkeit und didaktische Qualität zu verbinden. KI-Modelle müssen nicht nur zuverlässig Muster erkennen oder Inhalte generieren, sondern sie auch so aufbereiten, dass sie Lernprozesse wirklich fördern. Und das wissen am besten unsere Redaktionen und die Lehrkräfte, die damit arbeiten.

Chancen und Grenzen: „Fehler bleiben Teil des Lernens“

KI kann viel, aber sie ist nicht unfehlbar. Welche Risiken sehen Sie?

KI ist immer noch fehleranfällig. Das gilt sowohl für den Einsatz in den verschiedenen Unternehmensprozessen als auch für den Unterricht. Deshalb ist es wichtig, dass Lehrkräfte und Lernende lernen, KI-Ergebnisse kritisch zu hinterfragen und zu überprüfen.

Für uns als Verlag bedeutet das: Wir begleiten Schulen nicht nur mit Tools, sondern auch mit Materialien und Konzepten, die den kompetenten und reflektierten Umgang mit KI fördern. So z.B. mit dem eCourse KI verstehen. Mittlerweile ist das Thema Künstliche Intelligenz in nahezu allen Materialien der verschiedenen Fächer vertreten, sei es im Deutschunterricht, Ethik oder im Fach Informatik. Am Ende ist KI nur so gut wie der Mensch, der sie nutzt und die didaktische Idee, die sie trägt.

Ihr Fazit?

KI ist kein Selbstzweck. Sie ist ein Werkzeug mit enormem Potenzial. Wenn wir unsere Mitarbeitenden zu KI-Champs machen, schaffen wir nicht nur effizientere Prozesse, sondern auch bessere Bildungsangebote. Und wenn wir es schaffen, technologische Innovation mit didaktischer Qualität zu verbinden, dann wird Bildung ein Stückchen besser. Genau das treibt uns an.