27. September 2024 – Seit dem Jahr 2022 setzt sich der Ernst Klett Verlag im Rahmen einer unternehmensweiten Nachhaltigkeitsstrategie ehrgeizige Ziele in sieben Handlungsfeldern. Neben einem verantwortungsbewussten Umgang mit Ressourcen, z.B. durch den weitgehenden Verzicht auf Kunststoffe oder eine nachhaltige Werbestrategie, zielen viele Maßnahmen des Verlages auf die Reduktion der CO2 -Emissionen ab. Wo der Verlag heute steht, dazu ein Gespräch mit Alexander Wolff, der für den Einkauf und die Klimabilanz des Verlags verantwortlich ist.
Herr Wolff, bis zum Jahr 2028 wollte der Verlag seine CO2 -Emissionen um mindestens 14,7 % zum Referenzjahr 2021 senken. Dieses Ziel wurde im Jahr 2023 erreicht, wie der neue Nachhaltigkeitsbericht zeigt. Wie ist das so schnell gelungen?
2023 sehen wir erstmals die Effekte der Maßnahmen, die wir in den Jahren zuvor ergriffen haben, um Emissionen zu senken. Da zählt der Bereich der Print-Werbemittelproduktion ebenso dazu wie die Reduktion von Datenträgern. Hier hat sich die Umstellung auf digitale Maßnahmen bemerkbar gemacht. Auch sind es geänderte Annahmen in der Berechnung, die diesen Emissionssenkung möglich machten.
Können Sie das genauer erläutern?
Nehmen wir die Transportlogistik. Hier ergibt sich von 2022 auf 2023 eine Reduktion der CO2 -Emissionen um 19 %. Was auf den ersten Blick positiv aussieht, ist aber in Wirklichkeit das Ergebnis geänderter Berechnungsgrundlagen. Da uns in den Vorjahren keine genauen Daten zur Logistik vorlagen, sind unsere Schätzungen davon ausgegangen, dass alle unsere Produkte mit dem LKW transportiert werden. Die Realität sieht jedoch anders aus. Viele Logistiker transportieren bereits elektrisch und sogar auf Basis regenerativer Energie. Davon profitiert unsere Bilanz.
Wo liegen Hebel, um als Verlag weitere CO2-Emissionen zu senken?
In unserer Klimabilanz sind neben der Logistik vor allem die Bereiche Papier, Druck und Binden sowie Dienstreisen die größten Verursacher von CO2 -Emissionen. Während wir beim Papier von den Prozessen der Papierindustrie abhängig sind, haben wir im Druck- und Bindebereich mehr Hebel, um Einsparpotenziale zu realisieren. Seit 2023 führen wir dazu Gespräche mit unseren Druckereien und Dienstleistern. Hierbei geht es um etwa 3.000 Tonnen CO2. Das macht fast 15 % unseres gesamten CO2 -Ausstoßes aus.
Auch im Bereich der Dienstreisen bieten sich Potenziale: Hier haben wir seit diesem Jahr die Erfassung umgestellt, um mehr relevante Daten auslesen können. Große Sprünge erwarte ich hier zwar nicht, aber auch kleine Schritte zählen am Ende.
Auf die größte Quelle der CO2 -Emissionen, die Papierherstellung, kann man als Verlag kaum Einfluss nehmen. Wieso?
Bei der Papierbeschaffung legen wir die höchsten Standards zugrunde. Es ist der hohe Energieeinsatz bei der Papiertrocknung, der die Papierproduktion so CO2-intensiv macht. Die Maschinen unserer Lieferanten sind zwar auf umweltfreundlichere Energien umrüstbar, aber das ist sehr teuer. Viele internationale Hauptabnehmer sind derzeit nicht bereit, diese höheren Preise zu bezahlen. Mit unserer im internationalen Vergleich kleinen Absatzmenge können wir keinen Druck aufbauen. Deshalb haben wir hier leider kaum Spielraum. Wir müssen uns stattdessen auf die Bereiche konzentrieren, in denen wir stärker Einfluss nehmen können.
Welche Rolle spielen freiwillige Verhaltensänderungen bei Kunden und Mitarbeiter:innen?
Dieser Bereich ist sehr wichtig. Seit 2022 können unsere Kunden sich zum Beispiel entscheiden, ob sie unsere Lehr- und Lernmaterialien als Prüfstück in digitaler oder gedruckter Form bekommen möchten. Immer mehr entscheiden sich aus Umweltgründen für die digitalen Versionen. Da spürt man bereits erste Effekte.
Auswirkungen erwarten wir auch in der Mitarbeitermobilität. Hier haben wir seit 2021 verstärkt sensibilisiert und Bewusstsein geschaffen. Ich bin sicher, dass wir da langfristig zu einer spürbaren Verhaltensänderung gelangen.
Neben dem Nachhaltigkeitsbericht ist zum dritten Mal auch der Corporate Carbon Footprint 2023, die Klimabilanz des Ernst Klett Verlages erschienen. Sie zeigt die Verteilung der Emissionen auf die verschiedenen Unternehmensbereiche. Was waren bisher die wichtigsten Meilensteine für Sie?
Mit der ersten Klimabilanz für das Jahr 2021 haben wir gelernt, wo wir stehen, welche Prozesse relevant sind und wo es überhaupt Reduktionsmöglichkeiten gibt. In der Klimabilanz 2022 konnten wir dann erstmals CO2 -Fremdbilanzen berücksichtigen, zum Beispiel die des Logistikzentrums SVK. Die Zahlen und Werte wurden genauer und fundierter. Jetzt im dritten Jahr gibt es eine gewisse Routine, aber immer noch Überraschungen.
Wie gehen Sie im Verlag mit der komplexen Erfassung und Auswertung von Umweltdaten um?
Wir nutzen verschiedene Quellen: Teilweise können wir relevante Daten aus den Rechnungen auslesen, teilweise stellen wir Querverbindungen zur Klimabilanz her, teilweise nutzen wir wissenschaftliche Forschungsergebnisse. Es gibt keine Generalroutine. Wichtig ist, dass wir insbesondere dort vertieften Aufwand betreiben, wo wir markante Veränderungen erwarten. Seit 2023 kümmert sich eine Mitarbeiterin um unsere Umweltbilanzierung. Seit Anfang 2024 haben wir dafür im Verlag auch eine eigene Stabsstelle „Umweltbilanzen und Lieferketten“.
Ziel der Nachhaltigkeitsberichterstattung ist eine insgesamt nachhaltige Wirtschaftsweise. Welchen Einfluss haben Unternehmen?
Unser Antrieb ist reine Eigenmotivation. Nehmen wir das Beispiel der Werbemittel. Hier konnten wir bis heute die CO2 -Emissionen halbieren. Wir lassen deutlich weniger unterschiedliche Werbemittel produzieren, setzen verstärkt auf Naturprodukte und verwenden keine Lebensmittel mehr. Auf Null werden wir hier nicht kommen, weil wir auch künftig Werbemittel benötigen. Aber wir gehen in unseren Überlegungen insgesamt sehr bewusst und damit nachhaltiger vor.
Herr Wolff, haben Sie vielen Dank für das Gespräch!
Medien-Tipp
Mit den Nachhaltigkeitsberichten und Klimabilanzen legt der Ernst Klett Verlag jählich seine Ziele und Maßnahmen offen. Diese sind abrufbar unter: https://ernst-klett-verlag.de/nachhaltigkeitsberichte/