Klett-Themendienst Nr. 119 (12/2023)

Mathematik ohne Grenzen (MoG) – so heißt ein Wettstreit für Schulen, der sich deutlich von anderen Mathe-Wettbewerben unterscheidet, z. B. darin, dass einige Aufgaben in einer europäischen Fremdsprache gestellt und in dieser auch beantwortet werden müssen. Sein Hauptanliegen: Den Spaß am Fach Mathematik fördern.

Alles begann 1989 im französischen Strasbourg unter dem Namen Mathématiques sans Frontières. Zunächst nur für das Nord-Elsass konzipiert, expandierte der Wettbewerb schnell. Ein Jahr später war auch Deutschland dabei. Heute ist es ein europäischer Wettbewerb mit mehr als 250.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern aus mehr als 20 Ländern.
Die Begeisterung der Schülerinnen und Schüler hat bis heute nicht nachgelassen – auch nicht bei jenen, für die Mathe nicht gerade zu den Lieblingsfächern zählt. Das ist erstaunlich. Warum das so ist, erklärt Bärbel Bartos. Die Oberstudienrätin am Kaiserin Friedrich Gymnasium in Bad Homburg v.d. Höhe hat im Schuljahr 2014/15 die Wettbewerbsleitung in Hessen für die Region Rhein-Main übernommen und blickt heute auf bald 10 Jahre Erfahrung als Koordinatorin zurück:

Viel mehr als „nur“ Mathe

 „Andere Mathewettbewerbe sind häufig auf die Förderung besonderer Mathebegabungen ausgerichtet, sie sind überdies oft als Einzelwettbewerbe konzipiert. Bei MoG wetteifern dagegen ganze Klassen oder Kurse miteinander. Es geht um Spaß an Mathe und darum, einen gemeinsamen Ehrgeiz zu entwickeln. Deshalb gibt es unterschiedliche Schwierigkeitsgrade, darunter auch Bastelaufgaben und Denksportaufgaben, die die Problemlösungskompetenz herausfordern und gut zu bewältigen sind“. Gerade fächerübergreifendes Denken, Organisationsvermögen, Teamwork und Fremdsprachenkenntnisse sind gefragt. Um sich auf den „Ernstfall“ vorzubereiten, gliedert sich der Wettbewerb in einen Probetermin, den die Lehrkräfte individuell mit Ihrer Klasse festlegen, und in einen zentralen Haupttermin. Für das Jahr 2024 ist dies der 6. Februar. Je nach Altersstufe sollen die Schülerinnen und Schüler 10 oder 13 Aufgaben bewältigen.

„Lebendige Atmosphäre“

Die Lösungen der teilnehmenden Klassen des Probewettbewerbs werden von den jeweiligen Fachlehrkräften der Schule korrigiert, die Lösungen des Hauptwettbewerbs aufgabenweise unter den teilnehmenden Schulen verteilt und korrigiert. Allerdings sind die Mathelehrkräfte beim Hauptwettbewerb selbst nicht dabei, wenn es in den 90 Minuten der 5. und 6. Stunde darum geht, die zentralen Aufgaben zu lösen. Der Wettbewerb sieht vielmehr vor, dass fachfremde Lehrkräfte als stille Beobachtende dabei sind. Das ist bewusst so vorgegeben, damit die Schülerinnen und Schüler auch ihr Organisationstalent entfalten können. Bärbel Bartos: „ Sie sollen ja nicht ruhig vor ihren Aufgaben sitzen, sondern sich in Teams organisieren, umhergehen und sich Unterstützung holen oder die Übersetzung der Fremdsprachen-Aufgabe organisieren. Außerdem ist ein gutes Zeitmanagement erforderlich. Die Atmosphäre in den Klassen und Kursen ist wirklich sehr lebendig.“      

Fachkonferenz: freiwillig zu MoG verpflichtet

Die Schulen werden dort, wo MoG angeboten wird – das kann von Bundesland zu Bundesland und dort wiederum von Region zu Region unterschiedlich sein – von den Regionalleitungen unterstützt. In Hessen z. B. koordinierte Bärbel Bartos den Wettbewerb für das Schuljahr 2022/2023 an 38 Schulen mit über 200 Klassen und Kursen. Insgesamt nahmen in Hessen über 4.500 Schülerinnen und Schüler teil, bundesweit waren es rund 45.000.

Da stellt sich die Frage: Wie gelingt es eigentlich, Lehrkräfte dazu motivieren, sich neben dem Unterricht auch noch für die Teilnahme an Wettbewerben zu engagieren? Bärbel Bartos: „Alles steht und fällt mit der Unterstützung der Schulleitung sowie der Motivation und Eigeninitiative der Lehrkräfte. Vielen macht es einfach Spaß, den Kindern und Jugendlichen einmal einen anderen Zugang zu Mathe anzubieten. An meiner Schule hat die Fachkonferenz Mathematik bereits vor langer Zeit den Beschluss gefasst, jährlich verpflichtend am Wettbewerb teilzunehmen – und mit dem Erfolg steigt bekanntlich auch die Lust auf eine Wiederholung.“

MoG als Chance für Teambildung

Stichwort Erfolg: Die Höhe und Vielfalt der Gewinne hängen ebenfalls vom Engagement der Koordinator:innen ab. Bärbel Bartos gibt zu, dass ihr das Einwerben von Geld- und Sachspenden nicht immer leicht fällt. Dennoch: Als ihr 2014 mit Beginn ihres Engagements für MoG auffiel, dass es zumeist nur für die Erst- und Zweitplatzierten Preise gab, hat die engagierte Lehrerin entschieden, dass auch Anerkennungspreise vergeben werden und sie machte sich auf die Suche nach Sponsoren. Zuletzt konnten z. B. Klassensätze Mathebleistifte mit der Beschriftung der Zahl Pi aus einem Mathematik-Mitmachmuseum als Trostpreis überreicht werden.

„Mit Mathematikern ist kein heiteres Verhältnis zu gewinnen“, soll Johann Wolfgang von Goethe gesagt haben. Vielleicht hätte den großen deutschen Dichter und Denker diese besondere Wettbewerbskultur angeregt, sein Verhältnis zu Mathematikern neu zu justieren. Bärbel Bartos jedenfalls zeigt sich immer wieder begeistert darüber, wie über MoG eine andere und heitere Lernkultur einzieht – zumindest für den Moment des Wettbewerbs: „Da wird gelacht und herumgelaufen, man feuert sich gegeneinander an, mal ist es übermütig laut, mal konzentriert leise. Man könnte den Wettbewerb auch als Maßnahme zur Teambildung begreifen. Gerade bei den Kursen zu Beginn der Oberstufe erleben wir, dass durch MoG ein gutes Miteinander entstanden ist. Und natürlich wird auch die Frage gestellt, warum Mathe nicht immer so sein kann.“      

Text: Inge Michels

Kompakt
MoG richtet sich an die Abschlussklassen der Mittelstufe und die Eingangskurse der Oberstufe. MoG Junior ist für Schülerinnen und Schüler der Klassenstufen fünf und sechs konzipiert. Der Wettbewerb, der auch das fächerübergreifende Denken, Organisationsvermögen, Teamwork und Fremdsprachenkenntnisse herausfordert, findet einmal im Jahr statt (Februar/März), der nächste Termin ist der 6.2.2024. Weitere Infos unter: https://lw-mog.bildung-rp.de/mog-ansprechpartner-in-deutschland.html

Zur Person
Bärbel Bartos ist die Ansprechpartnerin des Mathematik-Wettbewerbs in Hessen und unterrichtet Mathematik in Bad Homburg.