Klett-Themendienst Nr. 114 (5/2023)

Digitale Medienformate wie interaktive Übungen, Audios und Erklärvideos gehören heute selbstverständlich zu Schulbüchern dazu. Sie ergänzen und erweitern den Lernstoff, er wird multimedial vermittelt. Das hat die Arbeit in den Redaktionen verändert, sagt Lorenz Steinert, der beim Ernst Klett Verlag die gesellschaftswissenschaftlichen Fächer betreut.

Klett produziert zu zahlreichen Themen verschiedene Arten von Erklärvideos, unterstützt von professionellen Animationsstudios. So arbeitet der Programmbereich Gesellschaftswissenschaften mit dem Studio creanovo aus Hannover zusammen. „Schon seit vielen Jahren und sehr erfolgreich“, betont Lorenz Steinert. Er leitet die Gruppe Gesellschaftslehre, Geschichte, Geographie und Politik für die mittleren Abschlüsse in Leipzig. „Wir legen großen Wert auf eine hohe Qualität, was inhaltliche sowie ästhetische Kriterien betrifft. Und dieser Dienstleister ist nicht nur technisch immer up to date, sondern versteht auch unseren Markt und uns als Auftraggeber.“ Dadurch transportieren Text, Bild und Ton die inhaltlichen Ideen der Redakteurinnen und Redakteure auf bestmögliche Weise. „Der Moment, in dem wir die visuelle Welt sehen, die die Agentur aus unseren Ideen erschaffen hat, ist auch nach vielen Jahren ein ganz besonderer.“

Herausforderung und Bereicherung für die Redaktion

Die wegen ihrer besonderen Optik intern sogenannten 3D-Erklärvideos sind eingebettet in die Lehrwerke. Sie finden sich in verschiedenen Produkten des Verlags wieder, etwa in den Digitalen Unterrichtsassistenten oder in den eBooks. Die Produktion der Erklärvideos ist im Vergleich zu anderen Medien teuer, weshalb sie bei der Planung eines Lehrwerks stets weit am Anfang stehen: Was sind zentrale Themen, die auch in anderen Bundesländern, Fächern und Schulformen genutzt werden können, wie werden sie aufbereitet? „Unser Ziel ist es, die Videos in vielen unterschiedlichen Lehrwerken einzusetzen“, so Steinert. „Um das zu erreichen, haben wir eine redaktionsübergreifende Qualitätskontrolle etabliert: Alle Drehbücher inklusive der Sprechtexte werden von den  Fachkolleginnen und -kollegen aus anderen Redaktionen gegengelesen.“ Bei einem Video etwa, das die 17 Entwicklungsziele der Agenda 2030 der UN veranschaulicht (Link), schrieb eine Person das Drehbuch, das dann in mehreren Entwicklungsstadien von einer fachübergreifenden Redaktion gegengelesen wurde. Neben dem fertigen Sprechtext wurden dem Dienstleister auch gleich die Vorgaben für die Visualisierung jedes Nachhaltigkeitsziels mitgegeben: jeweils eine Situation aus der Gegenwart und der angestrebten Zukunft.

Die Entwicklung der Videos hat auch unmittelbare Auswirkungen auf die Lehrwerke. Steinert: „Wir beauftragen diese Materialien oft mit der Vorgabe, dass wir dem Video ein druckfähiges Standbild entnehmen können. Dieses Standbild wird dann als Arbeitsmaterial in die Printwerke eingebunden. Hier gilt also nicht mehr wie früher ‚Print first‘. Wir sagen: ‚Digital first‘ – aber mit der Bedingung, dass alle Ausleitungsformen idealerweise mitgedacht werden. Das birgt eine gewisse Herausforderung, weil die filmische Logik eine andere ist als die Printlogik. Bislang fahren wir damit jedoch gut.“

Videos holen die Schülerinnen und Schüler ab

Wo sieht Lorenz Steinert den didaktischen Nutzen von Erklärvideos? „Ein bestimmter Inhalt wird extrem verdichtet. Der Sprechtext eines Vier-Minuten-Films etwa umfasst nur etwa 350 Wörter, das ist weniger als eine Schulbuchseite. Die Menge an zu transportierenden Informationen ist also stark limitiert. Daher eignen sich die Filme gut als Themeneinstieg, aber auch zum Abbinden eines Themas. Die Schülerinnen und Schüler können dann sehen, wie die erarbeiteten Details ein Gesamtbild ergeben.“ Das Medium sei in den Klassen beliebt, der Zugang motivierend, und es bringe Abwechslung in den Unterricht. „Wenn es heißt, wir schauen uns jetzt ein Erklärvideo an, ist die Freude im Klassenzimmer meist groß.“ Damit die Schülerinnen und Schüler dann auch selbst aktiv werden und ihre Lernziele mit den Videos erreichen, lässt die Redaktion von Autorinnen und Autoren parallel Arbeitsblätter entwickeln: Mitlesetexte, Hörverstehen und inhaltliche Übungen – Material, das sich auch zur Binnendifferenzierung anbietet.

„Natürlich könnten die meisten Inhalte auch auf anderem Weg vermittelt werden“, ergänzt Steinert. Das Video aber lasse direkt Bilder im Kopf der Schülerinnen und Schüler entstehen und komplexe Zusammenhänge leichter erkennen. „Dazu kommt, dass unsere Erklärvideos besonders gut an die Erlebniswelt der Kinder und Jugendlichen andocken.“

Wie etwa die Filme „Was ist Geschichte?“ und „Wie kommen die Inhalte in dein Geschichtsschulbuch?“ (Link). Diese zwei Fragen stellen Zeynep und Ben, die sich in den Klett-Erklärvideos als regelmäßig präsente Leitfiguren etabliert haben. Ein ebenfalls wiederkehrendes Element ist eine fiktive Stadt im 3D-Look namens Terrahausen, die für den Verlag „gebaut“ wurde. Sie ist Schauplatz für die industrielle Revolution, den Strukturwandel oder die Themen der Nachhaltigkeit. So entsteht eine Art eigene Welt, bereichsübergreifend und mit Wiederkennungseffekt.

Fachlich fundiert und auf den Unterricht zugeschnitten

Dank Internet steht Lehrkräften inzwischen ein riesiges Spektrum von Filmen zur Verfügung. Nach Verlagsumfragen, mit welchen Materialien gerne gearbeitet wird, war YouTube einer der am häufigsten genannten Kanäle. Das ist für Lorenz Steinert nachvollziehbar. „Über die Suchfunktion werden sofort Videos zum Thema angezeigt. Und oft sind diese wirklich gut.“ Aber: „Nicht alles ist fachlich fundiert, anschaulich und auf die Unterrichtsrealität, die Lehrpläne und die Zielgruppen zugeschnitten. Mit unseren Erklärvideos erhalten die Lehrerinnen und Lehrer qualitätsgesicherte Angebote für ihre Zwecke, die außerdem urheberrechtlich unbedenklich sind.“ Zudem sei die Zeitersparnis enorm: Das Suchen und aufwendige Sichten entfällt, man sehe im Digitalen Unterrichtsassistenten auf einen Blick, dass es zum jeweiligen Lernthema einen passenden, von Bildungsexperten didaktisch aufbereiteten Film gibt.

Der Ernst Klett Verlag hat die Erklärvideos auch schon genutzt, um Stoff zu behandeln, der in dieser komprimierten Form in den Lehrplänen nicht vorkommt. Ein Beispiel ist „Der Klimawandel“ (Link). Lorenz Steinert: „Das Thema ist komplex und voller Details, aber dem dreiteiligen Film gelingt es, zu reduzieren. Wir haben viel Arbeit und Wissen hineingesteckt, da es um die essenzielle Herausforderung unseres Jahrhunderts geht. Wir stellen ihn auch als einziges Erklärvideo außerhalb der Lehrwerke leicht auffindbar im Internet zur Verfügung, um einerseits unsere Kompetenz für das Thema und die digitale Form der Vermittlung zu zeigen und andererseits, um den Inhalt für möglichst viele Schülerinnen und Schüler zugänglich zu machen.“

Lorenz Steinert ist vom Medium Erklärvideo ganz offensichtlich begeistert. Weiterhin ist er jedoch hauptsächlich in dem Bereich tätig, in dem sich die Bilder nicht bewegen – in der klassischen Contenterstellung, der Kernkompetenz in der Redaktion: Inhalte über ein Buch oder digitale Medien zu transportieren. Zusätzliches Know-how zur visuellen und auditiven Vermittlung bringen die externen Profis ein. Von ihnen hat der Gruppenleiter viel gelernt: „Die didaktische Reduktion komplexer Themen ist unser Alltagsgeschäft. Mit den Videos lernen wir, unsere Inhalte für eine andere Art der Vermittlung aufzubereiten – ein Schulbuchtext bedient schließlich andere Anforderungen als ein Sprechtext im Video. Wir lernen, wie wir die Geschichten auf andere Weise erzählen können und damit Schülerinnen und Schüler auf anderen Wegen in ihrer Lebensrealität erreichen. Das ist ein spannender Prozess, und er ist noch lange nicht abgeschlossen!“

Theresia Schneider

Kompakt
Erklärvideos für den Unterricht müssen viel können: Sie sollen Inhalte schnell und präzise auf den Punkt bringen, die Lehrkräfte unterstützen und Kinder und Jugendliche erreichen. Damit das funktioniert, arbeitet der Ernst Klett Verlag auch mit professionellen Trickfilmstudios zusammen.

Zur Person
Lorenz Steinert arbeitet seit 2010 im Programmbereich Gesellschaftswissenschaften des Ernst Klett Verlags in Leipzig. Er ist Gruppenleiter für die Fächer Gesellschaftslehre, Geschichte, Geographie und Politik.